Der erste Tag brachte für die
Jury als überwiegendes Gefühl "Ratlosigkeit".
Beim ersten Autoren des Tages, Farhad Showghi zeigt sich diese
Ratlosigkeit bereits. Vom Text sagte Josef Haslinger: "ich
kann nicht sagen, wovon der Text handelt." Es sei laut
Iris Radisch "ein Versuch über die Müdigkeit",
wie ihn Peter Handke immer propagierte. Ilma Rakusa ortete
den Text als eine Suche nach der Vatersprache und sah ein
Gewebe wie in einem Teppich.
Norbert Müller, der Autor,
der von Josef Haslinger vorgeschlagen wurde, hatte die Lacher
auf seiner Seite. Der Unterschied zum ersten Text hätte
nicht größer sein können. Die groteske Satire
über das Theatermilieu brachte auch die Jury zum Lachen
- mit Ausnahme von Burkhard Spinnen. Er fand den Text "zum
Heulen". Haslinger sprang in die Bresche: "Ich scheue
mich nicht, über den Text zu lachen."
Der Text der Deutschen Christina
Griebel wurde von Thomas Steinfeld "typische Wettbewerbsliteratur"
genannt. Norbert Miller kam der Autorin zu Hilfe. Für
Burkhard Spinnen war der Text" selbstgenügsam",
doch konnte Spinnen selbst nicht sagen, ob dies positiv oder
negativ zu werten sei. Josef Haslinger meinte, der Text "tut
so, als ob er ein Text über etwas" sei.
Die Schweizerin Christine Rinderknecht
erntete für ihren Text über einen Unfall mit Fahrerflucht
harsche Worte von Juryvorsitzender Iris Radisch. Diese nannte
diese Literatur "Frauenliteratur, die simpel und mit
einfacher Psychologie arbeitet". Eigentlich, so Radisch,
sei dieser Text"kein Fall für Literaturkritik".
Ursula März widersprach und sah im Text "Jargon-Prosa".
Das "Plappern" des Texes sei typisch für diese
Art des Jargons.
Am Nachmittag erntete auch Katrin
de Vries Kritik und - wieder einmal an diesem Tag - Ratlosigkeit.
Haslinger "weiß nicht, wer hier spricht".
Burkhard Spinnen vermutete eine Übersetzung aus "einer
fremden Kultur". Die Ziege, die in der Geschichte vorkam,
hatte es laut Norbert Miller "noch am besten". Für
Iris Radisch blieb der Text verschlossen wie "die Büchse,
die in der Handlung vorkam".
Der Deutschen Susanne Fischer wurde
von Iris Radisch ein "quälend spannungsloser Text"
beschieden. Die Hauptfigur "tickte" nach Thomas
Steinfeld nicht richtig und für Burkhard Spinnen sei
das Krimilesen ohnehin "verschwendete Lebenszeit".
Der letzte Autor des ersten Lesetages
war der Deutsche Henning Ahrens. Er erfand eine Welt zwischen
Archaik und hochmoderner Technik (Zitat Daniela Stringl).
Für Thomas Steinfeld, der den Autor vorgeschlagen hatte,
ist der Text ein "kühner und mutiger Versuch, die
Welt der Kino-Action-Filme und der Comichefte in die Literatur
zu übersetzen."
Nach dem ersten Lesetag war noch
kein Favorit zu erkennen. |